Pfingstferien 2024/25
„Von seinen Eltern lernt man lieben, lachen, und laufen. Doch erst wenn man mit Büchern in Berührung kommt, entdeckt man, dass man Flügel hat.“ – Helen Hayes
5./6. Klasse: Michael Borlik: Der 13. Engel (368 Seiten, 9 €)
„Was würde jetzt aus ihrem Vater werden? Von ihrer Tante konnte er jedenfalls keine Hilfe erwarten. Also musste Amy selbst etwas unternehmen. Ja, genau. Sie musste Beweise für seine Unschuld finden. Nie und nimmer war er ein Verräter. Egal, was Tante Hester sagte oder über ihn zu wissen glaubte. Auf einmal war Amy ganz aufgeregt. Sie hatte auch schon eine Idee, wo sie mit ihrer Suche anfangen konnte. Allerdings würde sie sich dafür heimlich aus dem Haus schleichen müssen.“
Amys Vater wird verhaftet, da er verdächtigt wird, etwas mit dem Verschwinden der dreizehn Statuen der königlichen Schutzengel zu tun zu haben. Das Mädchen wohnt nun bei ihrer Tante Hester, zu der sie kein gutes Verhältnis hat. Da Amy überzeugt davon ist, dass ihr Vater unschuldig ist, versucht sie als eine der wenigen im Lande, die keine Magie beherrscht, ihm zu helfen, damit er wieder freikommt. Dabei deckt sie Machenschaften im Hintergrund auf, die sie und ihren Freund Finn in höchste Gefahr bringen
Dies ist ein magisch angehauchtes Abenteuerbuch, das einen wegen der kurzweiligen Handlung schnell in den Bann zieht. Es ist sehr geschickt, wie Amy und Finn sich den Herausforderungen stellen und wie sie durch ihre Freundschaft sehr mutig werden und sich zusammen alles zutrauen. Dabei lernen sie, an sich selbst zu glauben und sich gegenseitig zu vertrauen.
7./8. Klasse: Wolfgang Herrndorf: Tschick (256 Seiten, 13 €)
„Tschick löste die Handbremse, und ich weiß, ehrlich gesagt, nicht, warum ich nicht ausstieg. Ich bin ja sonst eher feige. Aber gerade deshalb wollte ich wahrscheinlich mal nicht feige sein. Er trat mit dem linken Fuß auf das Pedal ganz links, und der Lada rollte lautlos rückwärts die Schräge hinunter. Tschick trat das mittlere Pedal und der Wagen blieb stehen. Ein Griff in den Kabelsalat, der Motor startete, und ich schloss meine Augen.“
Maik Klingenberg hat sich schon darauf eingestellt, die großen Ferien allein zu Hause am Pool der elterlichen Villa zu verbringen, da seine Mutter in einer Entzugsklinik und der Vater zusammen mit seiner Assistentin auf Geschäftsreise ist. Doch dann kreuzt sein Klassenkamerad Tschick auf, der in einem der Hochhäuser am Stadtrand wohnt und es von der Förderschule irgendwie aufs Gymnasium geschafft hat. Als er mit einem geklauten Wagen vor Maiks Tür steht und ihn auffordert, mitzukommen, ist dieser zunächst etwas überrumpelt. Dann beginnt aber ein unvergesslicher Roadtrip ohne Karte und Kompass durch die deutsche Provinz, auf dem sie lernen, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen, indem sie von einem Abenteuer ins nächste geraten.
Die Sprache des Buches ist keine Jugendsprache und doch so nahe dran, dass es authentisch wirkt, wie Herrndorf knapp, unaufgeregt und doch rasant erzählt. Er ist ganz nahe dran am Denken und Fühlen seiner Helden. Es ist auch ein Buch von Freundschaft und Anderssein.
9./10. Klasse: Kira Gembri: Wovon du träumst (336 Seiten, 11 €)
„Mein Tag beginnt wie immer mit einem kleinen Erdbeben. Das Vibrationskissen meines Weckers rüttelt mich so kräftig durch, als wollte es die Erinnerung an gestern Abend aus meinem Kopf schleudern. Trotzdem muss ich sofort an Nicks Versprechen denken, kaum dass ich die Augen aufschlage. (…) Heute werde ich endlich ein verflixtes Häkchen (auf meiner To-Do-Liste) setzen, koste es, was es wolle. Also trete ich einen Schritt nach vorne zum Türsteher … und ehe der Mut mich wieder verlassen kann, beginnen meine Hände zu tanzen.“
Die taube Emilia hat eine Liste mit besonderen Träumen: Sie möchte Klavierspielen lernen, ein Konzert besuchen, auf einer Party tanzen oder einfach nur wissen, wie der Regen klingt. Im Wohnheim in Wien, in das Emilia zu Beginn der Sommerferien vor ihrem Studium gezogen ist, will sie austesten, wie sie mit ihrer Behinderung in der normalen Welt alleine zurechtkommt und dabei die Liste ihrer Träume abarbeiten. Außerdem muss sie sich darüber klar werden, ob sie sich einer Operation unterziehen soll, bei der sie vielleicht ihr Gehör zurück bekommt. Nick wohnt auch im gleichen Wohnheim und durch Zufall begegnen sie sich und freunden sich an. Während er Emilia beim Erfüllen ihrer To-Do-Liste hilft, hütet er selbst ein großes Geheimnis, mit dem er sich in diesem Sommer selbst auseinandersetzen muss.
Dies ist ein berührend emotionales Buch, dass sich mit zwei ganz unterschiedlichen Entscheidungen der beiden Jugendlichen beschäftigt. Die Handlung wird abwechselnd aus der Sicht von Emilia und Nick erzählt, wobei man das Handicap des Mädchens von Anfang an kennt, während man Nicks Problem erst nach und nach erfährt. Der bildhafte und lockere Schreibstil der Autorin lässt den Leser die Story miterleben, wenn sich beide dabei unterstützen, ihre Träume zu verwirklichen, und dabei über ihre Grenzen hinaus gehen.